Landtagswahl Thüringen: Negative Campaigning der Jungen Union Thüringen

Junge Union Thüringen - Negative Campaigning gegen Bodo RamelowDa kommt man aus dem Urlaub wieder zurück an den heimischen PC und erneut wird im Web über eine politische Negative Campaigning-Aktion berichtet. Im Rahmen der anstehenden Landtagswahl 2009 in Thüringen betreibt die Junge Union Thüringen eine vielerorts als Schmutzkampagne titulierte Aktion gegen den Spitzenkandidaten der Linken: Bodo Ramelow.

Neben einer Website mit dem eindeutigen Titel Stoppt-Ramelow.de war u.a. auch eine Postkartenaktion mit dem rechts dargestellten Motiv geplant. Unter dem Slogan Keiner von uns – keiner für uns sollte der Spitzenkandidat wegen seiner westdeutschen Herkunft angegriffen werden: das Motiv zeigt eine Bratwurst als echte Thüringer und Bodo Ramelow als falschen Thüringer. Parallel ist auf wikileaks.org ein Schreiben des JU-Vorsitzenden, Mario Voigt, an die Thüringer Kreisvorsitzende und Landesvorstand online gestellt worden, der weitere Details dieser Negative Campaigning beinhaltet:

Im Mittelpunkt unserer kontrastierender Werbung wird in den nächsten Wochen unsere Kampagne „Stoppt Ramelow“ stehen. Mit dieser Kampagne wollen wir gezielt die Auseinandersetzung mit Bodo Ramelow und der Linkspartei aufnehmen. Dabei soll
deutlich gemacht werden, welch katastrophale Folgen ein Ministerpräsident Ramelow für Thüringen und die Menschen, die hier leben hätte. […] Weiteres wichtiges Element unserer Kampagne wird das gezielte „Begleiten“ der Wahlkampfauftritte von Bodo Ramelow sein. Hier wollen wir aber in „zivil“ auftreten. Mit dem Versuch, bei Veranstaltungen von Bodo Ramelow über dessen politische Ziele aufzuklären, sollte primär nicht die CDU oder das TEAM THÜRINGEN in Verbindung gebracht werden. […] Wichtig für das öffentliche Bild im Wahlkampf ist, dass die CDU und Dieter Althaus mit dem der kontrastierenden Werbung vorrangig nicht in Verbindung gebracht werden. Ebenso soll davon die Marke „TEAM THÜRINGEN“ unberührt bleiben. Die Arbeitsteilung soll so aussehen, dass CDU und TEAM THÜRINGEN für die positiven Botschaften zuständig sind und die Junge Union die kontrastierende Werbung übernimmt. Bitte achtet sehr aufmerksam auf diese Arbeitsteilung, um die werbliche Wirkung zu erhöhen.

Die vorgenannte Postkarten-Aktion wurde inzwischen gestoppt, nachdem der Thüringer CDU-Landesgeschäftsführer Andreas Minschke den Parteinachwuchs zurückgepfiffen hatte: das Motiv mit der Bratwurst sei politisch nicht korrekt. Das kann man so sicherlich nur unterstreichen, denn eine derartige Aktion ist einerseits einfach nur infantil und andererseits auf demselben populistischen Niveau, auf dem die SED-Nachfolgepartei selber zu gern agiert. Und genau das ist für mich das ärgerlichste an dieser Kampagne!

Wenn man z.B. die Kommentare auf netzpolitik.org liest, dann wird dort oftmals die Linke und Bodo Ramelow nun als Opfer betrachtet und beide bekommen Sympathiepunkte. Wie schon die SPD-Plakataktion zur Europawahl wird auch hier deutlich, dass Negative Campaigning genau das Gegenteil des Gewünschten erreichen kann. Anstelle sich inhaltlich mit den wirklichen Problemfeldern auseinanderzusetzen, wird der Angegriffene emotional in Schutz genommen. Das dabei dann auch noch Kommentare auf BILD-Leserbrief-Niveau gepostet werden, darf wohl niemand verwundern. Vor allem die Aussage, dass sich die Junge Union nicht entsprechend zu erkennen gibt, ist feige, peinlich und undemokratisch. Jede Partei hat meiner Meinung nach das demokratische Recht, auf Veranstaltungen der anderen Parteien deren Aussagen und Forderungen zu hinterfragen und mit deren Mitgliedern zu diskutieren. Ich kann mir auch vorstellen, dass der Landesvorsitzende der JU auf Anfrage hin sogar Rederecht bekommen hätte.

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Linken und ihrem Spitzenkandiaten Bodo Ramelow ist zu wichtig, als dass sie mit solchen unüberlegten und populistischen Kampagnen ad absurdum geführt wird. Die letzten Umfragen zur Thüringer Landtagswahl lassen zwar einen Sieg des bürgerlichen Lagers erwarten, aber auch eine rot-rot-grüne-Regierung unter Führung eines Ministerpräsidenten aus den Reihen der Linken kann nicht endgültig ausgeschlossen werden. Daher ist die Kernaussage der Kampagne Stoppt Ramelow nur zu unterstützen, aber die Wahl der Mittel ist komplett falsch. Inhalte anstelle Populismus, das haben mündige Bürger von demokratischen Parteien zu erwarten!