Bundestag beschliesst Zensursula-Gesetz

„Danke“ an die 389 Abgeordneten, die gestern bei der Abstimmung zum Gesetz über die Einrichtung von Internet-Sperren für den Gesetzesentwurf von Ursula „Zensursula“ von der Leyen gestimmt haben und damit sowohl einen der wichtigsten Artikel im Grundgesetz, den Artikel 5 zum Thema Meinungsfreiheit, und andererseits eines elementaren Prinzipien einer Demokratie, die Gewaltenteilung, unterlaufen haben! Wie man bei abgeordnetenwatch.de nachlesen kann, haben bei der CDU/CSU-Fraktion bis auf einen Abgeordneten alle Anwesenden zugestimmt und auch bei der SPD gab es gerade mal 3 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen. Und das obwohl selbst der Online-Beirat der SPD öffentlich Widerstand gegen das Gesetz geäußert hat. 134.014 Unterschriften für die ePetition – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten vom 22.04.2009 haben genausowenig ausgereicht wie die Bedenken von Fachleuten und dem Bundesdatenschutzbeauftragten, die auf die möglichen und dann gravierenden Auswirkungen dieses Gesetzes hingewiesen haben. Populismus statt Intelligenz – das hat gesiegt!

Interessant finde ich auch, dass sich bei den Grünen ein Drittel der anwesenden Abgeordneten nur enhalten haben. Lediglich die FDP und die Linken haben durchweg gegen das Gesetz gestimmt. Für die Liberalen werte ich das als Besinnung auf die alten Traditionen als Bürgerrechts-Partei, was mich persönlich sehr freut. Das Abstimmungsergebnis der Linken nehme ich nicht ernst. Erstens ist die Linke immer in der Regel grundsätzlich gegen alles im Bundestag und zweitens darf man nicht vergessen, dass die Linke die offizielle Nachfolgepartei der SED ist, die es definitiv geschaffte hatte, mit der Stasi das Thema Zensur zu perfektionieren!

Mit diesem Gesetz zu den Internet-Sperrlisten wurde der Aufbau einer umfassenden Zensur-Infrastruktur legitimiert, womit wir uns als Deutschland in Partnerschaft zu Staaten wie China, Iran und Nord-Korea befinden, die unsere Regierung u.a. wegen der dort stattfindenden Zensur immer wieder kritisiert haben. Wer glaubt, dass diese Zensurbefürchtungen überzogen sind, wurde schnell eines besseren belehrt: wenige Stunden nach der Abstimmung hat der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Thomas Strobl seine Forderung wiederholt, dass über die Sperrung kinderpornografischer Seiten im Internet hinausgangen werden muss und hat auch die Sperrung von gewalttätigen Computerspielen gefordert. OK, von dem Schwiegersohn von Herrn Schäuble habe ich keine anderen Ansichten erwartet, aber ob dies eine Einzelmeinung ist, bleibt abzuwarten. Da der Damm erstmal gebrochen ist, wird es schnell weitere Forderungen geben. Warten wir mal ab, welche Seiten auf den Sperrlisten stehen, wenn diese erstmal durch einen glücklichen Umstand bekannt werden.

Vorerst bleibt nur eins:

R.I.P Artikel 5 GG
Danke an Reizzentrum für diese gelungene Traueranzeige und an gr4ys blog für das WordPress-Plugin Trauer mit der R.I.P.-Grafik oben rechts!

Kommunalwahl Thüringen – scheinbar gibt es keine Verlierer

Am letzten Wochenende fanden die Kommunalwahlen in Thüringen statt, die Ergebnisse sind ausgezählt und die Wahlergebnisse scheinen auf den ersten Blick eindeutig zu dokumentieren, wer zu den Gewinnern und wer zu den Verlierern gehört. Rein mathematisch gesehen, ist das auch so:

Ergebnis der Thüringer Kommunalwahl 2009
Quelle: TLS Thüeringer Landesamt für Statistik

Wenn man die Kommentare der Landesvorsitzenden der Parteien hört, gab es scheinbar aber nur Gewinner:

„Die Ergebnisse der Europawahl und der Kommunalwahl bilden eine gute Ausgangsposition und geben der Thüringer Union Rückenwind für die Landtagswahl.“ Dieses Fazit zog der Landesvorsitzende, Ministerpräsident Dieter Althaus.

Die vorläufigen Ergebnisse der Europawahl wertet der Thüringer Spitzenkandidat der Linken, Bodo Ramelow, als gute Ausgangsposition für die Landtagswahl am 30. August: „Wir haben unsere Werte stabilisiert und in Thüringen wohl leicht nach oben geschoben“

Der Sieger der Kommunalwahlen in Thüringen sind die Sozialdemokraten. SPD-Landeschef Christoph Matschie: „Wir sind auf der Überholspur“

Ist das nun Realitätsferne und die Herren Althaus, Ramelow und Matschie glauben wirklich, was Sie das sagen? Oder meinen Sie, dass der Wähler sich so offensichtlich täuschen lässt? Die CDU hat mit über 7% den stärksten Stimmenverlust aller Parteien in Thüringen und ist ihrem angekündigten Ziel bei der Landtagswahl so weit entfernt wie noch nie: der Fortführung der Alleinregierung. Mit 33,3% ist sie zwar weiterhin stärkste Kraft, aber der Abstand zu den anderen Parteien ist deutlich geringer geworden. Dieses Ergebnis bis Ende August wieder komplett umkehren zu können, erscheint mir wenig realistisch.

Die SPD konnte zwar Stimmenzuwächse vermelden, ist aber wie Die Linke mit rund 20% der Wählerstimmen auch nicht so stark, als dass sie sich wirklich als Wahlsieger verstehen könnte. Und die Ex-SED hat – zu meiner persönlichen Freude – knapp 4% an Stimmen verloren. Luftschlösser lassen sich eben auch nicht mehr so einfach an die Frau oder den Mann bringen. Obwohl oder vielleicht sogar gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise leere Versprechungen

Die wirklichen Gewinner der Wahlen sind die kleinen Parteien und insbesondere die Sonstigen. Die FDP und die Grünen haben zwar insgesamt „nur“ um 2,7% bzw. 1,0% zugelegt, was aber nicht mit den Ergebnissen der Grossen Parteien vergleichbar ist, da man nicht flächendeckend angetreten ist bzw. tlw. in Bündnissen mit lokalen Gruppierungen. Mit 7,4% liegen die Liberalen aber im Gegensatz zu den Grünen trotzdem deutlich über 5%, womit die Chancen für einen Wiedereinzug in den Thüringer Landtag Ende August sehr hoch sein dürften.

Mit 13,8% haben die Sonstigen auch nochmal deutlich um 3,1% zulegen können, der Erfolg ist sogar noch viel grösser:

  • 14 der 21 haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeister sowie 582 der 723 Ortsteil- und Ortschaftsbürgermeistern werden von freien Wählergemeinschaften, Bürgerinitiativen und Wahlbündnissen gestellt.
  • Bei den Gemeinderats-Wahlen haben die Sonstigen aber mit 37% das beste Ergebnis erzielt, gefolgt von der CDU mit 28%, SPD 14% und Die Linke mit ebenfalls 14%

Damit werden sich die etablierten Parteien genauso intensiv auseinandersetzen müssen wie mit der Nichtwählerquote von fast 50%. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Parteiensystem in Deutschland immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung besitzt und das kann sich dann auch noch stärker auf die Landes- und Bundesebene auswirken. Patentrezepte wird es aber kaum geben, mit ehrlichen Aussagen über die eigenen Wahlergebnisse könnte man den ersten Schritt machen. Doch dazu sind die Herren Althaus, Matschie und Ramelow bisher nicht bereit. Schade!

Thüringer Kommunalwahl 2009: Scheinkandidaturen

Am kommenden Wochenende dürfen die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen nicht nur ihre Stimme bei der Europawahl 2009 abgeben, auch die Kommunalparlamente werden wieder neu gewählt. Und wenn man sich dieser Tage die Kandidatenlisten der einzelnen Parteien genauer ansieht, stellt man wie bei früheren Wahlen fest, dass immer wieder Bürgermeister und Landräte an prominenter Stelle zu finden sind, oftmals auf Listenplatz 1. Sei es Andreas Bausewein (SPD), Oberbürgermeister in Erfurt, Benno Kaufhold (CDU), Landrat im Ilm-Kreis, oder Joachim Günsel (SPD), Bürgermeister in Stadtilm, die Stadt, in der ich seit 1999 lebe.

Für die meisten Wählerinnen und Wähler scheint dies kein Problem darzustellen, gehen doch viele davon aus, dass der Bürgermeister oder der Landrat mitgewählt wird. Doch dem ist nicht so, denn diese Ämter werden in separaten Wahlen bestimmt. Sollten diese Bürgermeister und Landräte in die kommunalen Parlamente gewählt werden, müssten Sie ihr Amt niederlegen, was aber so gut wie passiert. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, aber moralisch gesehen halte ich das für eine Unsitte, der dringend rechtlich begegnet werden müsste. Denn diese Kandidaturen verfälschen oftmals die Wahlergebnisse. Durch den hohen Bekanntheitsgrad erhalten diese Kandidaten sehr hohe Stimmenanteile, wodurch andere Kandidaten der jeweiligen Partei mit teilweise geringsten Stimmen mit in den Stadtrat etc. „gezogen“ werden. Kandidaten anderer Parteien, die persönlich mehr Stimmen gezogen haben, schaffen den Einzug aber nicht, weil deren Partei insgesamt weniger Stimmen bekommen hatte. Und gerade bei Kommunalwahlen werden i.d.R. Personen und nicht Parteien gewählt. Der eigentliche Bürgerwille geht dabei dann verloren.

Auch wenn nahezu alle Parteien, die davon negativ betroffen sind, dagegen wettern (obwohl sie es wie die Erfurter CDU früher mit Manfred Ruge genauso praktiziert hatten!), im Thüringer Landtag scheint man nicht bereit zu sein, hier eine Gesetzesänderung vorzunehmen, wie es in anderen Bundesländern bereits Gang und Gebe ist. Meiner Meinung nach darf ein Bürgermeister oder ein Landrat nur dann kandidieren dürfen, wenn er bzw. sie vorher den Rücktritt vom bestehenden Amt erklären, sofern sie gewählt werden. Damit dürften sich nahezu alle dieser Scheinkandidaturen erledigt haben!

Es gibt aber auch positive beispiele, wie z.B. der Landrat Joachim Claus (CDU) in Nordhausen. Er verzichtet auf eine Kandidatur. Kein Einzelfall, aber leider immer noch die Ausnahme!

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