Thüringer Kommunalwahl 2009: Scheinkandidaturen

Am kommenden Wochenende dürfen die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen nicht nur ihre Stimme bei der Europawahl 2009 abgeben, auch die Kommunalparlamente werden wieder neu gewählt. Und wenn man sich dieser Tage die Kandidatenlisten der einzelnen Parteien genauer ansieht, stellt man wie bei früheren Wahlen fest, dass immer wieder Bürgermeister und Landräte an prominenter Stelle zu finden sind, oftmals auf Listenplatz 1. Sei es Andreas Bausewein (SPD), Oberbürgermeister in Erfurt, Benno Kaufhold (CDU), Landrat im Ilm-Kreis, oder Joachim Günsel (SPD), Bürgermeister in Stadtilm, die Stadt, in der ich seit 1999 lebe.

Für die meisten Wählerinnen und Wähler scheint dies kein Problem darzustellen, gehen doch viele davon aus, dass der Bürgermeister oder der Landrat mitgewählt wird. Doch dem ist nicht so, denn diese Ämter werden in separaten Wahlen bestimmt. Sollten diese Bürgermeister und Landräte in die kommunalen Parlamente gewählt werden, müssten Sie ihr Amt niederlegen, was aber so gut wie passiert. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, aber moralisch gesehen halte ich das für eine Unsitte, der dringend rechtlich begegnet werden müsste. Denn diese Kandidaturen verfälschen oftmals die Wahlergebnisse. Durch den hohen Bekanntheitsgrad erhalten diese Kandidaten sehr hohe Stimmenanteile, wodurch andere Kandidaten der jeweiligen Partei mit teilweise geringsten Stimmen mit in den Stadtrat etc. „gezogen“ werden. Kandidaten anderer Parteien, die persönlich mehr Stimmen gezogen haben, schaffen den Einzug aber nicht, weil deren Partei insgesamt weniger Stimmen bekommen hatte. Und gerade bei Kommunalwahlen werden i.d.R. Personen und nicht Parteien gewählt. Der eigentliche Bürgerwille geht dabei dann verloren.

Auch wenn nahezu alle Parteien, die davon negativ betroffen sind, dagegen wettern (obwohl sie es wie die Erfurter CDU früher mit Manfred Ruge genauso praktiziert hatten!), im Thüringer Landtag scheint man nicht bereit zu sein, hier eine Gesetzesänderung vorzunehmen, wie es in anderen Bundesländern bereits Gang und Gebe ist. Meiner Meinung nach darf ein Bürgermeister oder ein Landrat nur dann kandidieren dürfen, wenn er bzw. sie vorher den Rücktritt vom bestehenden Amt erklären, sofern sie gewählt werden. Damit dürften sich nahezu alle dieser Scheinkandidaturen erledigt haben!

Es gibt aber auch positive beispiele, wie z.B. der Landrat Joachim Claus (CDU) in Nordhausen. Er verzichtet auf eine Kandidatur. Kein Einzelfall, aber leider immer noch die Ausnahme!