DNS-Sperren: interessantes Urteil des Landgerichts Hamburg
Auch wenn das Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg vom 12. November 2008, welches jetzt veröffentlicht wurde, nichts direkt mit der aktuellen Diskussion rund um die Internet-Sperrlisten zu tun hat, interessant ist es aber meines Erachtens auf jeden Fall. Wie Heise.de berichtet, ging es um eine Klage von fünf Unternehmen der Filmindustrie gegen einen Internetanbieter, den Zugriff von Kunden auf eine in Indien gehostete Website per DNS-Sperre zu unterbinden. Das Gericht kam aber zu dem Urteil, dass DNS-Sperren nur bedingt geeignet sind:
Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht der Richter die verlangte Sperrungsanordnung durch DNS-Sperren zwar technisch möglich. Es fehle allerdings an der Zumutbarkeit derartiger Blockaden. Insbesondere sei dabei die Eignung der in Betracht kommenden Maßnahme zu berücksichtigen. Die Einrichtung einer DNS-Sperre sei zur Verhinderung des Zugriffs auf einen Internetauftritt „aufgrund von Umgehungsmöglichkeiten, etwa durch Eintragung eines anderen Nameservers“, nur „beschränkt geeignet“. Dem Vortrag der Filmindustrie, wonach die Mehrzahl der „durchschnittlichen Internetnutzer“ durch die DNS-Sperre davon abgehalten würden, einen anderen Weg zu den gesperrten Inhalten zu suchen, wollte das Gericht keinen Glauben schenken. Tatsächlich sei es den Richtern selbst „in wenigen Minuten“ gelungen, eine Internetseite mit einer Anleitung zur Umgehung mit den verfügbaren Nameservern zu finden.
Ich glaube, man braucht kaum weitere Worte zu verlieren: nun liegt sogar schon ein erstes Urteil vor, welches einerseits eines der Argumente der Kritiker bestätigt und damit andererseits darlegt, wie falsch die geplante Gesetzesvorlage zum Thema Internet-Sperrlisten ist. Noch ein Grund mehr, an der Online-Petition gegen die Sperrung von Internetseiten teilzunehmen.
Und es gibt einen weiteren lesenswerten Artikel auf Zeit Online mit dem Titel Netzsperren: Von der Leyens unseriöse Argumentation:
In der Debatte um die Sperrung von Internetseiten zur Bekämpfung von Kinderpornografie steht man nicht fundierten Argumenten gegenüber, sondern einem Berg wilder Behauptungen. […] Es gibt keine Belege dafür, dass Internetsperren zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch wirksam sind, auch wenn das Bundesfamilienministerium dies mit Verweis auf Länder wie Schweden behauptet. Die schwedische Polizei beispielsweise gestand die Untauglichkeit solcher Maßnahmen längst ein. Leider gelinge es durch Sperren nicht, die Produktion von Webpornografie zu vermindern.
Der Artikel stammt von Lutz Donnerhacke, der in seinem Odem-Blog noch viel ausführlicher die Zahlen und Hintergründe analysiert hat.
Schade nur, dass sich Frau von der Leyen bei diesem Thema weiterhin kritikunfähig und beratungsresident zeigt und das umstrittene Gesetz wie geplant zur Entscheidung noch in dieser Legislaturperiode bringen will.
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