Online-Petition gegen die Sperrung von Internetseiten mit mehr als 50.000 Unterzeichnern

Mal wieder zeigt sich, dass die Online-Welt der Twitterer, Blogger & Co. alles andere als ein politikfreier Raum ist und sich kritisch mit den populistischen Lösungswegen der Bundesregierung auseinandersetzt. Hintergrund ist aktuell die vom Familienministerium unter Führung von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen und dem Bundeskriminalamt (BKA) beabsichtigte DNS-Blockade von Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten. Ziel dieser Gesetzesänerung ist es, durch das BKA sogenannte Speerlisten von Internet-Seite, die entsprechende Inhalte anbieten, erstellen zu lassen und diese Liste dann regelmäßig aktualisiert an die Provider weiterzureichen, damit diese Websites nicht mehr aufgerufen werden können.

Auf den ersten Blick klingt das nicht nur ehrenwert sondern auch sinnvoll, denn wenn derartige Websites nicht mehr aufgerufen werden können, nimmt man in dem Kampf gegen Kindesmissbrauch den Anbietern einen Distributionskanal und schützt damit die Opfer vor einem weiterem Missbrauch, in dem Bilder oder Filme ihres Missbrauches nicht mehr frei im Internet kursieren können. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Kampf gegen die Kinderpornographie eine der wichtigsten Aufgaben einer Gesellschaft und damit der Politik sein muss, erscheint jede Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung über das Internet als richtig und sollte begrüsst und unterstützt werden.

Warum hat es dann aber eine Online-Petition gegen die Sperrung von Internetseiten geschafft, innerhalb von gerade mal 4 Tagen die notwendige Mindestteilnehmerzahl von 50.000 Unterzeichnern zu erreichen und warum ist es sinnvoll und richtig, an dieser Petition teilzunehmen?

Weil die Argumente der Befürworter genauso löchrig sind wie der geplante Sichtschutz für illegale Inhalte! Weil das geplante Gesetz einen populistischen und dilettantischen Versuch darstellt, das Problem zu verdecken, aber nicht wirklich etwas gegen das Grundproblem tut! Weil es die technischen Voraussetzungen schafft, einen Zensurapparat ohne staatliche Kontrollgremien zu schaffen, dessen Auswirkungen heute noch keiner absehen kann!

Hier ein paar Grundinformationen, in dessen Folge ich z.B. das geplante Gesetz ablehne und mich an der Petition beteiligt habe:

  • Durch die Sperrlisten werden die bedenklichen Inhalte nicht entfernt, sondern lediglich gesperrt. Wer also einen Provider nutzt, der die Sperrlisten nicht nutzt – z.B. weil er im Ausland sitzt – kann diese Websites weiterhin aufrufen. Ausserdem ist es jedem Surfer möglich, durch Änderungen an seinen Einstellungen (Nameserver) innerhalb von weniger als einer Minute die DNS-Blockade zu umgehen! Anstelle nach Lösungen zu suchen, um die kinderpornographischen Inhalte richtig zu löschen, was der konsequentere und bessere Weg wäre, wird den Bundesbürgern nur vorgegaukelt, dass das Problem gelöst sei!
  • Das BKA erstellt diese Sperrlisten ohne Prüfungsinstanz! Somit entscheidet kein Richter, ob der gesperrte Inhalt wirklich gegen bundesdeutsche Gesetzte verstösst. Und es gibt weder eine unabhängige Institution noch eine Regelung, wie die gesperrten Websites wieder von der Liste gelöscht werden können.
  • Es gibt bereits erste Forderungen, auch ausländische Inhalte ohne Bezug zur Kinderpornografie zu reglementieren: so haben die hessische Landesregierung und Vertreter des BuchhandelsBlockaden gegen ausländische Glücksspielanbieter und Urheberrechtsverletzungen gefordert. Was kommt als nächstes? Die Sperrung von Regierungskritischen Blogs? Wer prüft, bis wann die Zensur noch richtig ist?
  • Ulrich Staudigl, Sprecher im Bundesjustizministerium, hat bestätigt, dass jeder Nutzer mit Strafverfolgung rechnen muss, wenn er dabei beobachtet wird, eine geblockte Webseite abzurufen! Da die Sperrlisten geheim sind und man anhand der Link-Adresse nicht unbedingt erkennen kann, was deren wirklicher Inhalt ist, gilt hier die Unschuldsvermutung eventuell nicht mehr.

Weitergehende und sehr detaillierte Informationen der Kritiker finden sich u.a über folgende Links:

Genau deswegen ist die Online-Petition gegen die Sperrung von Internetseiten so erfolgreich, wichtig und richtig. Weil das geplante Gesetz Kinderpornografie nicht bekämpft sondern nur das problem verdeckt. Weil es um unkotrollierbare Zensur und die Aufhebung der Gewaltenteilung geht! Doch wie regiert Ursula von der Leyen (Zensurursula) auf diese Kritik?

Eine zivilisierte Gesellschaft, einschließlich der Internetgemeinschaft, die Kinderpornografie ernsthaft ächtet, darf auch im Internet nicht tolerieren, dass jeder diese Bilder und Videos vergewaltigter Kinder ungehindert anklicken kann. Das Leid der Opfer ist real, nicht virtuell. Jeder Klick und jeder Download verlängert die Schändung der hilflosen Kinder

Wirtschaftsminister Guttenberg: Ahnunglos, aber betroffen

Wirtschaftsminister Guttenberg: Ahnunglos, aber betroffen

Und Wirtschaftsminister von Guttenberg erklärt in der Tagesschausendung vom 08.05.2009 um 14:00 Uhr:

Es macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten sträuben. Das ist nun wirklich einer der wichtigsten Vorhaben in vielerlei Hinsicht.

Die Kritiker des Gesetzes sind also nicht zivilisiert und befürworten im Umkehrschluss also kinderpornographischen Inhalte, weil sie gegen unkontrollierte Zensur und für eine richtige Bekämpfung des Kindermissbrauchs sind! Wahnsinn. Wer nicht für mich ist, ist gegen micht. Egal ob ich Recht habe oder nicht. Das ist Populismus in Reinkultur. Oder mit dem Worten eines unbekannten Verfassers bei den Kommentaren von Zeit.de frei nach Martin Niemöller:

Als sie Kinderpornografieseiten sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich habe diese Inhalte ja nicht konsumiert.
Als sie Raubkopiererseiten sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich habe ja nicht raubkopiert.
Als sie Blogs mit gesellschaftskritischen Inhalten sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich war ja nicht gesellschaftskritisch eingestellt.
Als sie die Seiten von Oppositionsparteien und Gewerkschaften sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich war ja nicht in der Gewerkschaft oder in so einer Partei.
Als sie das Grundgesetz ausser Kraft gesetzt haben, gab es kein Medium mehr über das ich hätte etwas sagen können.

Daher bitte ich meine Leser, sofern noch nicht geschehen, sich anzumelden und die Online-Petition zu unterstützen: gegen falsche Lösungen und Zensur, für richtige Maßnahmen!

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