Die HRE und der 55.500.000.000 Euro Fehler

Dass sich der Schuldenstand der Bundesrepublik Deutschland um 55,5 Mrd. Euro verringert hat, klingt zunächst positiv. Dass dies eine Reduktion der Schuldenquote um 2,6 %-Punkte auf 81,1% des Bruttoinlandproduktes bedeutet, auch noch, wenngleich wir damit immer noch weit weg sind vom Maastricht-Kriterium, welches eine max. Schuldenquote von 60% vorgibt. Warum also reagieren Politker wie der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, wie folgt:

Das ist kein Betrag, den die schwäbische Hausfrau in einer Keksdose versteckt und vergisst. Der unbefangene Beobachter gewinnt den Eindruck, dass das Finanzministerium angesichts immer neuer Rettungspläne völlig die Übersicht verloren hat. Milliarden sind nicht mehr so wichtig. Wir rechnen in Billionen.

Hintergrund für diese Äußerungen sind die aktuellen Veröffentlichungen, dass sich die Banker der bundeseigenen Bank FMS Wertmanagement sich kräftig verrechnet haben resp. dass die Bank die Milliarden schlicht falsch gebucht hat – mit dramatischen Folgen:

Der kapitale Milliardenfehler in den Bilanzen der Bad Bank (FMS Wertmanagement) [der Hypo Real Estate (HRE)], die komplett dem Staat gehört, war vor allem durch fehlerhafte Doppelbuchungen seit dem vergangenen Jahr entstanden. Im Prinzip wurden quasi Addition und Substraktion verwechselt.

Das alles kann man derzeit in vielen Berichten lesen und das klingt natürlich mehr als nur peinlich. Es gibt aber einzelne Aussagen, wie z.B. auf sueddeutsche.de, die mich aufhorchen lassen! Demnach konnte die FMS Wertmanagement im vergangenen Jahr Vermögenswerte von gut 31 Mrd. Euro veräußern, was die Bilanz der FMS und damit auch den Bund entlastet. Das klingt für mich weniger nach einem Rechen- oder Bilanzierungsfehler. Und ferner soll es um Sicherheitsleistungen für Forderungen und Verbindlichkeiten im Rahmen von Finanzderivaten in Höhe von 24,5 Mrd. Euro gehen, die nicht saldiert wurden, sondern jeweils separat in der Aktiva und Passiva der Bilanz ausgewiesen wurden, auch wenn diese mit denselben Geschäftspartnern bestanden. Das klingt auf den ersten Blick unlogisch und wird u.a. wie folgt kommentiert:

Wenn Lieschen Müller Tante Emma 100 Euro schuldet und gleichzeitig 80 Euro von ihr zu bekommen hat, dann schuldet sie ihrer Tante netto nur 20 Euro.

Das mag für diesen einfachen Fall gelten, aber nicht immer ist das deutsche resp. internationale Bilanzierungsrecht so einfach. Ich bin zwar kein Bilanzbuchhalter, aber soweit ich weiss, kann man nicht immer alles einfach saldieren.

Ich bin daher mal sehr gespannt, was in den kommenden Tagen an weiteren Details zu dieser 55,5-Milliarden-Euro-Panne berichtet wird. Sollte es sich herausstellen, dass hier massiv Saldierungsmöglichkeiten nicht genutzt wurden, ohne dass Wirtschaftsprüfer und Kontrollgremien etwas gemerkt haben, dann ist das wirklich oberpeinlich und muss geprüft werden. Eventuell ist die aktuelle Berichterstattung in den Medien aber auch (mal wieder) eine grobe Simplifizierung eines komplexen Sachverhaltes zu Gunsten der Auflagenzahlen…..

EFSF-Sondergremium durch BVG vorerst untersagt

EFSF-Sondergremium durch BVG vorerst untersagtUm in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit die Rechte des Bundestages an den Entscheidungen der EFSF – Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität wahrzunehmen, hat der Bundestag am Mittwoch ein EFSF-Sondergremium eingesetzt, welches aus neun Mitglieder des Haushaltsausschusses besteht: drei Vertreter der CDU/CSU-Fraktion, je zwei Vertreter der FDP- und der SPD-Fraktion sowie je ein Vertreter der Fraktionen von Die Linke und der Grünen. Doch dazu wird es zunächst nicht kommen, den das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat per einstweiliger Anordnung dieses Sondergremium verboten:

Die Rechte des Bundestags bei der Euro-Rettung dürfen nicht von einem Sondergremium aus lediglich neun Parlamentariern wahrgenommen werden. […] Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm weise zwar dem Haushaltsausschuss eine Sonderrolle zu. Sie könne aber „nicht durch ein ,Minigremium‘, das an dessen Stelle entscheide, ausgehebelt und unterlaufen werden. […] Im Gesetz sei zudem darauf verzichtet worden, die Mehrheitsverhältnisse im Plenum in dem Gremium abzubilden.

Ich freue mich über diese Entscheidung, denn ich kann einfach nicht nachvollziehen, welche Entscheidungen im Rahmen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität geheim, schnell und vor allem an der Mehrheit der Parlamentarier vorbei getroffen werden müssten. Wenn schon Millionen von Steuergeldern für notwendige Rettungsschirme verwendet werde müssen, dann bitte muss diese Entscheidung auf breiter parlamentarischer Basis und nach intensiven Diskussionen erfolgen … nicht einfach nebenbei!

Contagion

Diese Woche habe ich mir den neuesten Film von Steven Soderbergh im Kino angeschaut: Contagion. Und ich muss gestehen, dass mich dieser Katastrophenfilm betroffen gemacht hat. Worum geht es in Contagion:

Als Beth Emhoff (Gwyneth Paltrow) zu ihrer Familie zurückkehrt, ist es schon zu spät: Ein tödlicher Virus, mit dem sie sich auf einer Geschäftsreise im Fernen Osten infiziert hat, rafft sie innerhalb weniger Tage dahin. Mit diesem besetzungstechnischen Paukenschlag, der ein wenig an Hitchcocks Psycho erinnert, beginnt Steven Soderberghs neuer Thriller Contagion. Während der Ehemann und Vater Thomas Emhoff (Matt Damon) noch mit der persönlichen Tragödie zu kämpfen hat, kämpft ein internationales Ärzteteam unter Federführung der C.D.C. (Centers for Disease Control and Prevention) bestehend aus Dr. Leonora Orantes (Marion Cotillard), Dr. Erin Mears (Kate Winslet) und Dr. Ellis Cheever (Laurence Fishburne) u.a. im Wettlauf mit der Zeit gegen die weitere Ausbreitung des aggressiven Virus und die Zersetzung der gesellschaftlichen Strukturen. Denn im Angesicht des Todes ist sich jeder selbst der Nächste – und zwar weltweit.

Das besondere an diesem Film ist seine ruhige, fast dokumentarische Art. Ohne Pathos berichtet der Film, wie normale Menschen versuchen, mit der Pandemie umzugehen, wie Wissenschaftler und Ärzte versuchen, Lösungen zu finden. Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten, nur soviel: eine einfache Antwort kann und will dieser Film nicht geben!

Ein wirklich sehenswerter Film, den ich nur empfehlen kann.

EU erhöht den Druck auf Deutschland wegen Vorratsdatenspeicherung

Die EU-Kommission hat laut einer aktuellen Pressemitteilung Deutschland und Rumänien eine Frist von zwei Monaten gesetzt, um die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Im März 2010 hatte – wie damals zu erwarten war – der Bundesgerichtshofes das vorgesehene bundesdeutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung als verfassungswidrig angesehen und mit sofortiger Wirkung außer Kraft gesetzt. Hintergrund war i.w. der besonders schwere Eingriff in das Fernmeldegeheimnis bei der Speicherung aller Telefon- und Internetverbindungsdaten, da damit inhaltliche Rückschlüsse bis in die Intimsphäre ermöglicht und somit auch Persönlichkeits- oder Bewegungsprofile gewonnen werden könnten. Ein neuer Gesetzesentwurf wurde bisher nicht vorgelegt, das deutsche Justizministerium arbeitet jedoch seit längerem an einer modifizierten Umsetzung der Richtlinie. Ziel ist es dabei, die Eingriffe in die Privatsphäre deutlich zu reduzieren. Doch offenkundig erwartet die EU-Kommission eine uneingeschränkte Umsetzung:

Die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten schreibt Telekommunikationsbetreibern und Internetanbietern zwingend vor, Verbindungs- und Standortdaten für die Strafverfolgung zu speichern. Die Verzögerung bei der Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht durch Deutschland und Rumänien könnte negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation sowie auf die Fähigkeit von Justiz- und Polizeibehörden haben, schwere Straftaten aufzudecken, zu untersuchen und zu verfolgen.

Ich hoffe sehr, dass sich die Bundesregierung hier nicht unter Druck setzen läßt. Bis dato ist meines Erachtens immer noch nicht bewiesen, dass die Vorratsdatenspeicherung die Aufklärungsquote erhöhen resp. die Zahl der begangenen Straftaten reduzieren könnte. Laut einem Artikel bei Heise online aus Januar 2011 unterlegt die polizeilichen Kriminalstatistik, dass die verdachtsunabhängige Datenspeicherung bei der Aufklärung schwerer Straftaten nicht weiter geholfen hatte. Warum also ohne Not die Bürgerrechte einschränken?

Inaktivität von Mea Opinio Est beendet

Lange Zeit ist in diesem Blog nichts mehr passiert – 16 Monate habe ich hier nichts mehr gepostet – dafür ein dickes Sorry meinerseits. Aufgrund anderer Projekte, wenig Arbeitsarmut im Job etc. fehlte mir einfach die Zeit, Artikel zu schreiben, auch wenn es immer wieder Themen gab, zu denen ich gern meine Meinung geschrieben hätte.

Also stand ich nun vor der Entscheidung, Mea Opinio Est entweder komplett einzustellen oder wieder zu reaktivieren. Und da es mir doch viel Spass macht, habe ich mich für letzteres entschieden. Und wenn man einen Neustart wagt, dann sollte man auch gleich ein Re-Design mit einbauen. Daran arbeite ich aktuell und plane, in den kommenden 7-14 Tagen wieder mit diesen Blog aktiv zu werden. Und da ich ein grosser Film- und Serienjunkie bin, habe ich mir überlegt, den Blog thematisch auch um diese Bereiche zu erweitern. Vielleicht schaut sich der / die eine oder andere durch meine Hinweise ja meine Favoriten auch mal an.
🙂

Update vom 29.10.2011:
Soeben habe ich das neue Design-Template eingespielt und die in den letzten Tagen vorbereiteten, neuen Artikel online gestellt. Ich hoffe, Euch gefällt das neue Design und Ihr findet (wieder) Gefallen an diesem Blog!

Germany: 12 Points

Was für eine Nacht! AchtNeunmal hieß es Germany: 12 Points – insgesamt 246 Punkte – in den letzten sechs Jahren vorher gab es gerade mal 231 zusammen – Danke Lena Meyer-Landrut, Danke Stefan Raab, Danke Norwegen, dass war ein schöner Eurovision Song Contest. Viele qualitativ hochwertige Teilnehmer und Songs, die wirklich gelungene Idee des Eurovision Song Contest Tanzes, der europaweit bei Veranstaltungen und aus heimischen Wohnzimmern vorgeführt wurde und natürlich der Durchmarsch von Satilite. Endlich haben wir es geschafft, den Erfolg von 1982 zu wiederholen.

Ich gestehe, dass ich ein Fan dieser jährlichen Veranstaltung bin, auch wenn gerade in früheren Zeit der Schlager-Charakter mancher beiträge nicht gerade meinen Musikgeschmack repräsentiert. Aber seitdem ich in 1979 meinen ersten Grand Prix d’Eurovision de la Chanson im Fernsehen verfolgen konnte, bin ich diesem Event treu geblieben. Vor allem dann, wenn Ralph Siegel nicht versuchen konnte, mit altbackenen Songs Europa zeigen zu müssen, dass Deutschland musikalisch in der Steinzeit verblieben sei. Dass er den Erfolg von Lena Meyer-Landrut und Stefan Raab intellektuel nicht nachvollziehen konnte, zeigte er vor zwei Tagen in einem Interview mit dem SZ Magazin der Süddeutsche Zeitung:

Sonst werden wieder nur Amateure geholt, die nicht wissen, wie es geht. Frage: Was heißt hier Amateure? Lena Meyer-Landrut hat mit Satellite beste Chancen. Warten Sie mal ab. Es ist ein Riesenunterschied, ob ich ein paar Wochen lang bei einer ProSieben-Sendung gewinne, wo ein paar tausend Facebook-Kids anrufen, oder ob ich auf einer internationalen Bühne beim Grand Prix stehe. Der Grand Prix ist die Weltmeisterschaft der Musik, das ist eine ganz andere Nummer. […] Dem Dilettantismus sind keine Grenzen mehr gesetzt. Kann schon sein, dass viele Kids aus Deutschland den Song lieben und runterladen, aber in Oslo laufen 24 Künstler auf, und zwar die besten des Landes. Jeder hat drei Minuten. Da hilft kein nationaler Hype, da zählt nur das Lied. Und das muss beim ersten Mal überzeugen, eine zweite Chance gibt es nicht.

Tja, soweit zum Thema Erwartung. Wie war die Realität? Lena Meyer-Landrut brauchte keine Tänzer, keine Geige und auch keine Windmaschine: Dank Stimme, Authenzität und Charisma schaffte sie den Erfolg, den alle ausserhalb Deutschlands bereits vorausgesagt hatten, den nur wir Deutschen bereits vorher madig machen wollten. Natürlich war viel Kalkül mit dabei, Stefan Raab hat einfach viel mehr richtig als falsch gemacht und die notwendige Portion Glück war auch mit dabei. So ist das eben und es gehört zu Show mit dazu. Diesmal waren wir eben am besten. Die Messlatte für die Show 2011 sind gross, insbesondere die Erwartungen an unseren nächsten Contest-Beitrag. Aber egal, das dauert noch fast 12 Monate, jetzt ist erstmal feiern angesagt!

P.S. Für mich bleibt es immer noch der Grand Prix d’Eurovision de la Chanson – klingt doch irgendwie würdevoller …

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