Kommunalwahl Thüringen – scheinbar gibt es keine Verlierer

Am letzten Wochenende fanden die Kommunalwahlen in Thüringen statt, die Ergebnisse sind ausgezählt und die Wahlergebnisse scheinen auf den ersten Blick eindeutig zu dokumentieren, wer zu den Gewinnern und wer zu den Verlierern gehört. Rein mathematisch gesehen, ist das auch so:

Ergebnis der Thüringer Kommunalwahl 2009
Quelle: TLS Thüeringer Landesamt für Statistik

Wenn man die Kommentare der Landesvorsitzenden der Parteien hört, gab es scheinbar aber nur Gewinner:

„Die Ergebnisse der Europawahl und der Kommunalwahl bilden eine gute Ausgangsposition und geben der Thüringer Union Rückenwind für die Landtagswahl.“ Dieses Fazit zog der Landesvorsitzende, Ministerpräsident Dieter Althaus.

Die vorläufigen Ergebnisse der Europawahl wertet der Thüringer Spitzenkandidat der Linken, Bodo Ramelow, als gute Ausgangsposition für die Landtagswahl am 30. August: „Wir haben unsere Werte stabilisiert und in Thüringen wohl leicht nach oben geschoben“

Der Sieger der Kommunalwahlen in Thüringen sind die Sozialdemokraten. SPD-Landeschef Christoph Matschie: „Wir sind auf der Überholspur“

Ist das nun Realitätsferne und die Herren Althaus, Ramelow und Matschie glauben wirklich, was Sie das sagen? Oder meinen Sie, dass der Wähler sich so offensichtlich täuschen lässt? Die CDU hat mit über 7% den stärksten Stimmenverlust aller Parteien in Thüringen und ist ihrem angekündigten Ziel bei der Landtagswahl so weit entfernt wie noch nie: der Fortführung der Alleinregierung. Mit 33,3% ist sie zwar weiterhin stärkste Kraft, aber der Abstand zu den anderen Parteien ist deutlich geringer geworden. Dieses Ergebnis bis Ende August wieder komplett umkehren zu können, erscheint mir wenig realistisch.

Die SPD konnte zwar Stimmenzuwächse vermelden, ist aber wie Die Linke mit rund 20% der Wählerstimmen auch nicht so stark, als dass sie sich wirklich als Wahlsieger verstehen könnte. Und die Ex-SED hat – zu meiner persönlichen Freude – knapp 4% an Stimmen verloren. Luftschlösser lassen sich eben auch nicht mehr so einfach an die Frau oder den Mann bringen. Obwohl oder vielleicht sogar gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise leere Versprechungen

Die wirklichen Gewinner der Wahlen sind die kleinen Parteien und insbesondere die Sonstigen. Die FDP und die Grünen haben zwar insgesamt „nur“ um 2,7% bzw. 1,0% zugelegt, was aber nicht mit den Ergebnissen der Grossen Parteien vergleichbar ist, da man nicht flächendeckend angetreten ist bzw. tlw. in Bündnissen mit lokalen Gruppierungen. Mit 7,4% liegen die Liberalen aber im Gegensatz zu den Grünen trotzdem deutlich über 5%, womit die Chancen für einen Wiedereinzug in den Thüringer Landtag Ende August sehr hoch sein dürften.

Mit 13,8% haben die Sonstigen auch nochmal deutlich um 3,1% zulegen können, der Erfolg ist sogar noch viel grösser:

  • 14 der 21 haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeister sowie 582 der 723 Ortsteil- und Ortschaftsbürgermeistern werden von freien Wählergemeinschaften, Bürgerinitiativen und Wahlbündnissen gestellt.
  • Bei den Gemeinderats-Wahlen haben die Sonstigen aber mit 37% das beste Ergebnis erzielt, gefolgt von der CDU mit 28%, SPD 14% und Die Linke mit ebenfalls 14%

Damit werden sich die etablierten Parteien genauso intensiv auseinandersetzen müssen wie mit der Nichtwählerquote von fast 50%. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Parteiensystem in Deutschland immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung besitzt und das kann sich dann auch noch stärker auf die Landes- und Bundesebene auswirken. Patentrezepte wird es aber kaum geben, mit ehrlichen Aussagen über die eigenen Wahlergebnisse könnte man den ersten Schritt machen. Doch dazu sind die Herren Althaus, Matschie und Ramelow bisher nicht bereit. Schade!