Enten-Kurier: Hundepräsident Wuff gerat unter Druck

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Der Egmont Ehapa Verlag hat heute über einen besonderen Bericht in der kommenden Ausgabe der Micky Maus informiert:

Hundepräsident Wuff gerät zunehmend unter Druck. Er habe Berichte über die Finanzierung seiner Privathütte mit persönlichen Anrufen bei Führungspersonen der Micky Maus und Kai Quickmann, Chefredakteur des Enten-Kurier, verhindern wollen. Eine längere Nachricht habe Wuff auf den Anrufbeantworter dieser Zeitung gebellt und sich empört über die Recherchen gezeigt. Wuff steht seit Wochen wegen der Finanzierung seiner Hütte in Wedel mit einem 500 000 Taler-Kredit eines Pudelpaares in der Kritik. Außerdem soll er gratis Urlaub in luxuriöser Tierpensionen befreundeter Terrier gemacht haben. Doch Wuff zeigte nicht Zerknirschung, sondern Zähne: „Wenn man nicht mehr bei Freunden übernachten darf, ohne am Morgen einen Knochen auf den Tisch zu legen, dann ist das schlecht.“ Mehrere Mitglieder der Hunderegierung forderten bereits den Rücktritt des Präsidenten.

Dass unser Bundespräsident Christian Wulff seinerzeit als Ministerpräsident auf Einladung von Freunden bei diesen Urlaub gemacht hat, war für mich von Anfang an keine wirkliche Affäre. Ein Politiker, der jeglichen Kontakt zu Freunden, Wirtschaft und Gesellschaft abbricht, wird kaum noch eine realitätsnahe Politik machen können und jeden Bezug zum Volk endgültig verlieren. Und auch die sogenannte Hauskreditaffäre ist für mich in vielen Punkten einfach nur überzogen. Solange es keine Hinweise gibt, dass Christian Wulff im Gegenzug für das zinsgünstige Darlehen seines Unternehmerfreundes diesem durch seine Amtsmacht ungerechtfertigte Gegenleistungen erbracht hat, ist dieses Darlehen sicherlich ungewöhnlich, aber nachvollziehbar. Wer zahlt denn wirklich gern höhere Zinsen an die Bank, wenn er die Chance hätte, sich anderweitig günstiger zu refinanzieren. Hier kommt für mich wieder mal das typisch deutsche Neidgebaren durch. Und auch der jüngste Kritikpunkt, dass die Umschuldung bei der BW-Bank in einen zinsgüstigen Geldmarktkredit anstelle eines Hypothekendarlehen fragwürdig sei, ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Spreads zwischen kurzfristigen Geldmarktsätzen und langfristigen Kapitalmarktsätzen in den letzten Monaten und Jahren waren so hoch, dass diese Vorgehensweise mehr als nur angebracht ist. Es wird nur in der Praxis von den meisten Bankkunden nicht genutzt, weil es mit deren Sicherheitsbedürfnis nicht in Einklang gebracht werden kann.

Vor diesem Hintergrund war ich bisher der Auffassung, dass Christian Wulff wegen dieser Kritikpunkte nicht zurückreten muss – auch wenn ich ihn einerseits für einen der schwächsten Bundespräsidenten in unserer Geschichte halte und ich andererseits Joachim Gauck meine Stimme gegeben hätte, wenn der Bundespräsident durch das Volk gewählt werden würde. Aber die Informationspolitik von Christian Wulff und seinen Beratern – man kann sie nur als Salamitaktik bezeichnen – immer nur das zuzugeben, was offenkundig geworden ist und vor allem seine Aussage, dass seine Nachricht auf der Mailbox des Chefredakteurs der BILD-Zeitung sei „in einer außergewöhnlich emotional angespannten Situation“ passiert, gibt mir doch sehr zu denken. Wenn ein Staatsoberhaupt in so einer Situation derartig ungenügend reagiert, was passiert dann erst in einer echten Krise? Kann sich das deutsche Volk darauf verlassen, dass Herr Wulff dann kühl, nüchtern und objektiv agiert? Ich befürchte: Nein.

Der kommende Micky Maus-Comic, so lustig und genial er auch ist, dokumiert, dass es (leider) keine Alternative zum Rücktritt unseres Bundespräsidenten mehr gibt. Christian Wulff hat es geschafft zu einer Lachnummer zu werden. Und daran ist er im wesentlichen selber Schuld, auch wenn BILD & Co. keine wirklich rühmliche Rolle in dieser Posse gespielt haben. Hätte Herr Wulff von Anfang an mit offenen Karten gespielt, hätte diese Eskalation vermieden werden können. Und das ist wahrlich keine wirklich neue Erkenntnis. Aber eins kann Christian Wulff aber von sich behaupten: er ist der erste Bundespräsident, der es in die Micky Maus geschafft hat …

Die S&P-Frankreich-Panne – was ist nun peinlicher?

Diese Häme wird die Rating-Agentur Standard & Poor sicherlich so schnell nicht vergessen: Ratingagentur gibt Frankreich eins auf die Mütze – aus Versehen oder Peinliche Panne der Rating-Agentur empört Frankreich gehörten noch zu den harmlosen Schlagzeile, Spiegel Online nennt die Agentur sogar Standard & Murks und der Wiener Kurier stellt folgende These auf: Sorgfältig geplanter Irrtum bei S&P. Seit gestern sind die Finanznachrichten durch die Berichterstattung der irrtümlichen Herabstufung der französischen Kreditwürdigkeit gesprägt.

Wie der Screenshot von ft.com/alphaville rechts zeigt, gab es am Donnerstag nachmittag eine Meldung von S&P, dass ein Downgrade des französischen Staates ansteht – woraufhin die Renditen französischer Anleihen anstiegen und an der Börse die Aktienkurse nachgaben. Gut zwei Stunden gab S&P dann folgende Mitteilung heraus:

LONDON (Standard & Poor’s) Nov. 10, 2011-As a result of a technical error, a message was automatically disseminated today to some subscribers of S&P’s Global Credit Portal suggesting that France’s credit rating had been changed. This is not the case: the ratings on Republic of France remain ‘AAA/A-1+‘ with a stable outlook, and this incident is not related to any ratings surveillance activity. We are investigating the cause of the error.

Es sein also ein technischer Fehler passiert und Frankreich ist nicht herabgestuft worden! Daraufhin beruhigten sich die Märkte auch sukzessive wieder, die Gemüter – insbesondere in Frankreich – aber nicht. Heute kamen – wie nicht anders zu erwarten – erste Forderungen nach einer Haftung der Rating-Agenturen bei Fehlverhalten und Fehlinformationen auf, was bei grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Fehlerverhalten absolut nachvollziehbar ist. Ob das auch hier zutrifft, muss aber erst noch überprüft werden.

Egal, ob es ein technischer Fehler oder schlicht und einfach Blödheit war, die zu dieser Veröffentlichung geführt hat: die Reaktion der Marktteilnehmer und Investoren war nicht viel besser und genauso peinlich! Wäre ein „echter“ Downgrade von Frankreich so unerwartet gekommen? Nein, sicherlich nicht, denn Frankreich gehört zu den größeren Schuldenmachern in Europa und ob hier ein Triple-A, die Bestnote, wirklich noch gerechtfertigt ist, halte ich eher für zweifelhaft. Warum also reagiert dann der Markt so übertrieben auf diese Nachricht? Weil inzwischen auch an den Börsen die Rationalität verloren gegangen ist und das spricht nicht unbedingt für die Marktteilnehmer und -beobachter.

Und wieder zeigt sich die Standard-Reaktion der Politik, die sofort mit Einschränkungen und Drohungen reagiert. Einerseits haben nicht die Rating-Agenturen die Probleme verursacht, sondern versuchen nur diese zu werten. Und andererseits erinnere ich mich noch sehr gut an die politische Kritik zu Zeiten der Subprime-Krise: die Rating-Agenturen hätten verspätet oder gar nicht reagiert und durch zu gute Bewertungen die Auswirkungen der Krise noch verstärkt. Und wenn es nun zu Abwertungen kommt – sei es wie im Falle der USA zu Recht oder im Falle Frankreichs aufgrund einer Panne – dann ist das auch nicht richtig. Das ist – zumindest – Verdummungspolitik – und am peinlichsten!

Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger kritisiert sogenannten „Schultrojaner“

Mal wieder zeigt sich, wie positiv sich doch eine kritische Auseinandersetzung im Internet auf die klassischen Medien und vor allem die Politik auswirken kann. Aktueller Anlaß ist die Berichterstattung des Online-Portals Netzpolitik.org zum geplanten Schultrojaner: vor gut einer Woche wurde dort das erste Mal darüber berichtet, die Bundesländer mit Schulbuchverlagen und Verwertungsgesellschaften bereits Ende 2010 einen Rahmenvertrag für die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke in Schulen geschlossen haben, der u.a. vorsieht, dass mittels einer sepziellen Software die Server von ein Prozent aller Schulen nach unerlaubten Kopien aus Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien durchsucht werden sollen. Also eigentlich weniger ein Trojaner, sondern eine gezielte Suche nach digitalen Raubkopien. Sukzessive wurde weiter darüber berichtet, bis dann Ende letzte Woche über das Thema bundesweit auch via Radio und Printmedien berichtet wurde und nun auch zu einer Reaktion seitens der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geführt hat:

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will den geplanten Einsatz eines Programms zur Suche nach Raubkopien auf Schulcomputern stoppen. Die FDP-Vizechefin sagte […], sie halte diese Vereinbarung zwischen der Kultusministerkonferenz (KMK) und den Schulbuchverlagen für „unmöglich“. Es dürfe keine Trojaner-Technik eingesetzt werden, deren genaue Möglichkeiten noch gar nicht geklärt seien. […] „Das bringt mich auf die Palme!“

Wie wahr! Dass alleine auf Basis eines pauschalen Generalverdachts die Schulrechner systematisch nach potentiellen Urheberrechtsverstössen durchsucht werden, erinnert schon etwas an Stasi-Methoden. Nur dann, wenn ein dringender Verdachtsfall vorliegt, darf m.E. auf Basis einer gerichtlichen Anweisung eine Prüfung erfolgen. Ansonsten könnte man ja den Verlagen auch gleich noch gestatten, einfach mal die Wohnungen von Schülern auf eigene Veranlassung zu durchsuchen. Und was man auch nicht vergessen darf: auf den Schulrechnern werden auch personenbezogene und persönlichste Daten von Schülern gespeichert: Adressdaten, Zeugnisse, Beurteilungen etc. Wer garantiert, dass diese Daten nicht mitübertragen und ausgewertet werden können?

Nein, das was hier die Bundesländer mit den Verlagen vereinbart haben, geht einfach zu weit und kann aus Datenschutzgründen nicht toleriert werden. Ich hoffe, dass durch die inzwischen intensive Berichterstattung dem ganzen endgültig ein Riegel vorgeschoben wird!

Das griechische Referendum – der richtige Weg

Griechenlands Ministerpräsident Georgios Papandreou kündigt an, dass das Volk über das Referendum zum – in Griechenland umstrittenen – Sparkurs abstimmen zu lassen und wird nächste Woche bereits die Vertrauensfrage im Parlament stellen. Die Reaktionen sind eindeutig: Die Verärgerung über den Alleingang des Premierministers ist groß. Die Kanzlerin verlangt Klarheit von Papandreou, in der Berichterstattung wird tendenziell Unverständnis für diesen Schritt geäußert, da die Risiken zu hoch sein:

Aber wenn es wirklich darum gehen sollte, den Schuldenschnitt vom Volk absegnen zu lassen, kann Papandreou nicht darauf hoffen, dass die Griechen zustimmen. Denn sie wissen: Der Haircut wird mit neuen, noch härteren Sparmaßnahmen verbunden sein. Dabei stöhnen die Menschen jetzt unter dem Sparkurs der Regierung. Die Wirtschaft rutscht immer tiefer in die Rezession, immer mehr Jobs gehen verloren. Nach einer aktuellen Meldung von Eurostat erreichte die Arbeitslosenquote im Juli 17,6 Prozent. In der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren sind schon mehr als 40 Prozent der Griechen ohne Arbeit. Die Hoffnung, Griechenlands Wirtschaft werde im nächsten Jahr wieder zum Wachstum zurückkehren, hat sich bereits zerschlagen. Frühestens 2013 erwarten die Volkswirte ein Ende der Rezession. Sollte Papandreou wirklich erwarten, dass die Griechen unter diesen düsteren Vorzeichen dem Schuldenschnitt und weiteren Sparmaßnahmen grünes Licht geben, hätte er wohl jeden Realitätssinn verloren. Erst diesen Monat zeigte eine Meinungsumfrage: 85 Prozent sehen das Land „auf dem falschen Weg“, 92 Prozent sind mit der Regierung unzufrieden.(Quelle)

Ich finde, dass George Papandreou trotz aller dieser Risiken das einzig Richtige tut. Ich möchte nicht wissen, wie wir Deutschen reagieren, wenn die EU einen ähnlichen Schritt von uns verlangen würde – im Radio hörte ich heute, dass das griechische Sparpaket auf Deutschland übertragen bei rund 100 Mrd. Euro im Jahr liegen würde! So eine gravierender Einschnitt kann nur umgesetzt werden, wenn das Volk hinter den Maßnahmen steht und das kann man nur über ein Referendum erreichen. Das nennt sich Demokratrie und darauf sollte eigentlich Europa basieren. Dass es keine wirklichen Alternativen zum Sparpaket gibt, ist bei uns sicherlich Mehrheitsmeinung, aber darauf kommt es nunmal weniger an.

Was man sicherlich kritisieren muss, ist der Zeitpunkt – leider kommt das Referendum zu spät. Bereits mit dem ersten Hilfspaket hätte es gestartet werden müssen. Das läßt sich nun nicht mehr ändern. Lieber spät als gar nicht. Natürlich ist das Referendum ein Wagnis, aber das ist Demokratie immer. Spricht sich das griechische Volk für den Sparkurs aus, dürfte das Vertrauen in den Euro und Europa wieder steigen – etwas, was der Eiertanz der letzten Monate nicht erreichen konnte. Freilich wäre das Ergebnis einer Ablehnung durch das griechische Volk ein Disaster – eine Staats-Insolvenz wäre nicht zu vermeiden, Griechenland darf dann keine weitere EU-Hilfen mehr erhalten und die Rückkehr zur Drachme dürfte nicht abzuwenden sein. Ein schlimmes Szenario für Griechenland, aber auch für Europa? Ich glaube nicht.

Die HRE und der 55.500.000.000 Euro Fehler

Dass sich der Schuldenstand der Bundesrepublik Deutschland um 55,5 Mrd. Euro verringert hat, klingt zunächst positiv. Dass dies eine Reduktion der Schuldenquote um 2,6 %-Punkte auf 81,1% des Bruttoinlandproduktes bedeutet, auch noch, wenngleich wir damit immer noch weit weg sind vom Maastricht-Kriterium, welches eine max. Schuldenquote von 60% vorgibt. Warum also reagieren Politker wie der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, wie folgt:

Das ist kein Betrag, den die schwäbische Hausfrau in einer Keksdose versteckt und vergisst. Der unbefangene Beobachter gewinnt den Eindruck, dass das Finanzministerium angesichts immer neuer Rettungspläne völlig die Übersicht verloren hat. Milliarden sind nicht mehr so wichtig. Wir rechnen in Billionen.

Hintergrund für diese Äußerungen sind die aktuellen Veröffentlichungen, dass sich die Banker der bundeseigenen Bank FMS Wertmanagement sich kräftig verrechnet haben resp. dass die Bank die Milliarden schlicht falsch gebucht hat – mit dramatischen Folgen:

Der kapitale Milliardenfehler in den Bilanzen der Bad Bank (FMS Wertmanagement) [der Hypo Real Estate (HRE)], die komplett dem Staat gehört, war vor allem durch fehlerhafte Doppelbuchungen seit dem vergangenen Jahr entstanden. Im Prinzip wurden quasi Addition und Substraktion verwechselt.

Das alles kann man derzeit in vielen Berichten lesen und das klingt natürlich mehr als nur peinlich. Es gibt aber einzelne Aussagen, wie z.B. auf sueddeutsche.de, die mich aufhorchen lassen! Demnach konnte die FMS Wertmanagement im vergangenen Jahr Vermögenswerte von gut 31 Mrd. Euro veräußern, was die Bilanz der FMS und damit auch den Bund entlastet. Das klingt für mich weniger nach einem Rechen- oder Bilanzierungsfehler. Und ferner soll es um Sicherheitsleistungen für Forderungen und Verbindlichkeiten im Rahmen von Finanzderivaten in Höhe von 24,5 Mrd. Euro gehen, die nicht saldiert wurden, sondern jeweils separat in der Aktiva und Passiva der Bilanz ausgewiesen wurden, auch wenn diese mit denselben Geschäftspartnern bestanden. Das klingt auf den ersten Blick unlogisch und wird u.a. wie folgt kommentiert:

Wenn Lieschen Müller Tante Emma 100 Euro schuldet und gleichzeitig 80 Euro von ihr zu bekommen hat, dann schuldet sie ihrer Tante netto nur 20 Euro.

Das mag für diesen einfachen Fall gelten, aber nicht immer ist das deutsche resp. internationale Bilanzierungsrecht so einfach. Ich bin zwar kein Bilanzbuchhalter, aber soweit ich weiss, kann man nicht immer alles einfach saldieren.

Ich bin daher mal sehr gespannt, was in den kommenden Tagen an weiteren Details zu dieser 55,5-Milliarden-Euro-Panne berichtet wird. Sollte es sich herausstellen, dass hier massiv Saldierungsmöglichkeiten nicht genutzt wurden, ohne dass Wirtschaftsprüfer und Kontrollgremien etwas gemerkt haben, dann ist das wirklich oberpeinlich und muss geprüft werden. Eventuell ist die aktuelle Berichterstattung in den Medien aber auch (mal wieder) eine grobe Simplifizierung eines komplexen Sachverhaltes zu Gunsten der Auflagenzahlen…..

EFSF-Sondergremium durch BVG vorerst untersagt

EFSF-Sondergremium durch BVG vorerst untersagtUm in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit die Rechte des Bundestages an den Entscheidungen der EFSF – Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität wahrzunehmen, hat der Bundestag am Mittwoch ein EFSF-Sondergremium eingesetzt, welches aus neun Mitglieder des Haushaltsausschusses besteht: drei Vertreter der CDU/CSU-Fraktion, je zwei Vertreter der FDP- und der SPD-Fraktion sowie je ein Vertreter der Fraktionen von Die Linke und der Grünen. Doch dazu wird es zunächst nicht kommen, den das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat per einstweiliger Anordnung dieses Sondergremium verboten:

Die Rechte des Bundestags bei der Euro-Rettung dürfen nicht von einem Sondergremium aus lediglich neun Parlamentariern wahrgenommen werden. […] Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm weise zwar dem Haushaltsausschuss eine Sonderrolle zu. Sie könne aber „nicht durch ein ,Minigremium‘, das an dessen Stelle entscheide, ausgehebelt und unterlaufen werden. […] Im Gesetz sei zudem darauf verzichtet worden, die Mehrheitsverhältnisse im Plenum in dem Gremium abzubilden.

Ich freue mich über diese Entscheidung, denn ich kann einfach nicht nachvollziehen, welche Entscheidungen im Rahmen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität geheim, schnell und vor allem an der Mehrheit der Parlamentarier vorbei getroffen werden müssten. Wenn schon Millionen von Steuergeldern für notwendige Rettungsschirme verwendet werde müssen, dann bitte muss diese Entscheidung auf breiter parlamentarischer Basis und nach intensiven Diskussionen erfolgen … nicht einfach nebenbei!

EU erhöht den Druck auf Deutschland wegen Vorratsdatenspeicherung

Die EU-Kommission hat laut einer aktuellen Pressemitteilung Deutschland und Rumänien eine Frist von zwei Monaten gesetzt, um die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Im März 2010 hatte – wie damals zu erwarten war – der Bundesgerichtshofes das vorgesehene bundesdeutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung als verfassungswidrig angesehen und mit sofortiger Wirkung außer Kraft gesetzt. Hintergrund war i.w. der besonders schwere Eingriff in das Fernmeldegeheimnis bei der Speicherung aller Telefon- und Internetverbindungsdaten, da damit inhaltliche Rückschlüsse bis in die Intimsphäre ermöglicht und somit auch Persönlichkeits- oder Bewegungsprofile gewonnen werden könnten. Ein neuer Gesetzesentwurf wurde bisher nicht vorgelegt, das deutsche Justizministerium arbeitet jedoch seit längerem an einer modifizierten Umsetzung der Richtlinie. Ziel ist es dabei, die Eingriffe in die Privatsphäre deutlich zu reduzieren. Doch offenkundig erwartet die EU-Kommission eine uneingeschränkte Umsetzung:

Die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten schreibt Telekommunikationsbetreibern und Internetanbietern zwingend vor, Verbindungs- und Standortdaten für die Strafverfolgung zu speichern. Die Verzögerung bei der Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht durch Deutschland und Rumänien könnte negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation sowie auf die Fähigkeit von Justiz- und Polizeibehörden haben, schwere Straftaten aufzudecken, zu untersuchen und zu verfolgen.

Ich hoffe sehr, dass sich die Bundesregierung hier nicht unter Druck setzen läßt. Bis dato ist meines Erachtens immer noch nicht bewiesen, dass die Vorratsdatenspeicherung die Aufklärungsquote erhöhen resp. die Zahl der begangenen Straftaten reduzieren könnte. Laut einem Artikel bei Heise online aus Januar 2011 unterlegt die polizeilichen Kriminalstatistik, dass die verdachtsunabhängige Datenspeicherung bei der Aufklärung schwerer Straftaten nicht weiter geholfen hatte. Warum also ohne Not die Bürgerrechte einschränken?

Aktuelles zum Censilia-Internetzensurgesetz

Aktuelles zum Censilia-InternetzensurgesetzSo wie Ursula von der Leyen letztes Jahr in der Blogosphäre für ihren Einsatz für das umstrittene Internetzensurgesetz den Spitznamen Zensursula bekommen hatte, so hat es nun auch die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström, erwischt: sie wird nun internetweit mit dem Begriff Censilia verbunden. Die von Ihr vorgestellten Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie der EU-Kommission beinhaltet in 26 Artikeln zwar viele nachvollziehbare und sinnvolle Regelungen, aber leider wird damit auch die Diskussion über Netzsperren neu gestartet und dabei nahezu dieselben Argumente der deutschen Sperrbefürworter benutzt, die durchweg widerlegt worden!!! Hierzu sind heute zwei wirklich hervorragende und lesenswerte Artikel erschienen, die sich dem Thema sehr sachlich nähern und (erneut) darlegen, wie widersinnig die Argumente sind:

Da wäre zunächste ZDNet.de mit dem Artikel Vorwand Kinderpornografie: EU-weites Zensurgesetz droht, der sich intensiv mit den Inhalten und der Entstsehungsgeschichte der Initiative beschäftigt und zu folgendem Fazit kommt:

Man darf nicht davon ausgehen, dass „Censilia“ Malmström die Websperren in guter Absicht vorschlägt. Dazu war sie auf der Pressekonferenz am Montag viel zu gut über die Diskussion in Deutschland informiert. […] Dass die Meinungs- und Informationsfreiheit bei der Darstellung von Kinderpornografie im Internet aufhört und dass der Schutz der Menschenwürde der missbrauchten Kinder Vorrang hat, ist auch unter den Sperrgegnern unumstritten. Das Problem liegt darin, dass die Sperren einerseits keine Wirkung zeigen und andererseits das sensible Thema Kinderpornografie dazu missbraucht wird, einen Vorwand zu liefern, europaweit eine Sperrinfrastruktur zu errichten.

Auf SpiegelOnline kommentiert man die aktuelle Initiative nicht nur unter dem Motto Warum der Sperren-Streit Zeitverschwendung ist, man führt auch die sieben wichtigsten Argumente gegen Netzsperren auf wie z.B.:

Der Großteil aller kinderpornografischen Inhalte, die weltweit vertrieben, getauscht, angesehen werden, stammt nicht von frei verfügbaren Websites. Pädophile bedienen sich in der Regel anderer, weniger offensichtlicher Kanäle: Peer-to-Peer-Netzwerke, Chatrooms, geschlossene Foren. Oder sie nutzen den Postweg. Man hat es hier mit organisierter Kriminalität zu tun. Der wird man nur Herr, wenn man sie mit polizeilichen Methoden bekämpft: Observation, Infiltration, Razzien. Dazu braucht man vor allem Ressourcen, Beamte, Zeit. Und den Willen, all das zu finanzieren.

Wollen wir hoffen, dass diese Argumente nun auch europaweit dieselbe Wirkung zeigen wie letztes Jahr in Deutschland und dieser erneute Versuch, die Bürger für dumm zu verkaufen und über die Hintertür eine Zensurstruktur zu installieren, ins Leere läuft.

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