Schweizer fürchten Minarette

Der Schweizer Volksentscheid zur Anti-Minarett-Initiative, die von zwei rechtspopulistischen Parteien betrieben wurde, hat europaweit eine breite Diskussion über Religionsfreiheit und Islamfeindlichkeit ausgelöst. Nachdem sich mehr als 57% der Schweizer, die an dem Entscheid teilgenommen haben, gegen den Bau von weiteren Minaretten ausgesprochen haben, spüren Rechtspopulisten einerseits Rückenwind, andererseits wird die Frage aufgeworfen, ob diese Votum auch hierzulande getroffen werden würde. Ich befürchte ja! Meines Erachtens zeigt dieser Volksentscheid ganz klar auf, wie gefährlich das eigentlich sinnvolle Mittel der Volksbefragung sein kann und warum ich persönlich gegen Volksbefragungen auf Bundesebene bin.

Das wesentliche Grundproblem einer Volksbefragung ist die Minimalisierung eines komplexen Themas auf eine einfach strukturierte Frage. Grundsätzlich bin ich für den Bau von Minaretten, den wenn ein Staat Religionsfreiheit, was eine der wesentlichen Grundfreiheiten ist, gewährt, dann muss man auch tolerieren können, dass Gläubige sich hierfür den entsprechenden Versammlungsort schaffen. Aber natürlich gibt es im Einzelfall auch gute Gründe, warum der geplante Ort für den Bau einer Minarette ggf. nicht geeignet ist. Diese Einzelfallentscheidung läßt sich nicht in eine allgemeine Volksbefragung pressen.

Ausserdem ist es immer dann besonders gefährlich, wenn Ängste instrumentalisiert werden können. In breiten Teilen der Bevölkerung wird der Islam auf den terroristischen Teil reduziert, was einem Großteil der gläubigen Muslimen bei weitem nicht gerecht wird. Solange diese Ängste von der Politik nicht ernst genommen werden und dieses Problem nicht nachhaltig angegangen wird, kann aus Angst Hass werden. Und die Tendenzen in Deutschland deuten eher auf eine Zunahme der Angst vor fremden Kulturen und Religionen hin. Um mit den Worten von Karl Heinz Deschner, einem der bedeutesten deutschen Kirchen- und Christentumskritiker des 20. Jahrhunderts zu sprechen:

Denken überzeugt Denkende, darum überzeugt Denken selten.

Verbote haben noch nie geholfen, Vertrauen aufzubauen und wenn es um Menschenrechte geht, darf nicht Angst Grundlage für Entscheidungen sein. Die Schweiz hat gezeigt, wie es nicht laufen darf. Die Presse hat das verstanden, aber auch das Volk in seiner gesamten Breite?